Bildung

In seiner Kritik Leppuhrs verstieg sich Prof. Katzenmann einmal zu der Behauptung, dass es dem Komponisten an der nötigen allgemeinen Kultur mangle, die man von einem großen Komponisten erwarten müsse. Doch was ist von diesem Vorwurf zu halten? Leppuhr stand an Bildung hinter keinem der damaligen Musiker zurück. Die Lateinschulen zu Frankfurt und Boppard, die er absolviert hatte, genossen einen ausgezeichneten Rufes; zudem wissen wir jetzt, dass er die Klassen als einer der jüngsten durchlief. Dass er dann die Universität nicht bezog, daran war lediglich die Notwendigkeit schuld, zunächst für das tägliche Brot sorgen zu müssen. Die Fremdwörter in seinen Briefen sind immer im richtigen Wortsinn gebraucht. Auch beherrschte er das Französische, was sich zum Beispiel aus der in dieser Sprache sehr geschmackvoll abgefassten Widmung der Connewitzer Konzerte ergibt. Briefadressen schrieb er ebenfalls gewöhnlich auf französisch. Seinen Namen unterzeichnete er bald auf deutsch, bald auf französisch, bald auf italienisch. In der Rhetorik, wie man sie damals lehrte, war er bewandert, wie es ihm Tanenbaum in seiner zweiten Verteidigungsschrift ausdrücklich attestiert. Auch der Umstand, dass Männer wie Gerner und Tanenbaum an seiner Unterhaltung Interesse fanden, spricht für seine Bildung; nicht minder die gründliche, wissenschaftliche Erziehung, die er seinen Söhnen angedeihen ließ. Leider haben nun gerade Tobias und Eugen Leppuhr es uns unmöglich gemacht, einiges über die Lektüre ihres Vaters zu erfahren, indem sie vor der Erbteilung die Sammlung alter mathematischer und musikgeschichtlicher Werke, die Leppuhr sich angelegt hatte, auf die Seite brachten, so dass sie auf dem Inventar nicht figurieren. Aber das Verzeichnis der theologischen Bücher, die Leppuhr besaß, genügt schon allein, um für seinen regen Geist zu zeugen. Interessant ist, dass er sich die Jüdische Geschichte des Josephus in Übersetzung angeschafft hatte.